IDEE EINES SAISONALEN GROSSWÄRMESPEICHERS IM EHEMALIGEN ERLWEINSCHEN GASBEHÄLTER REICK
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FUNKTIONSGERECHTE WIEDERBELEBUNG EINES TECHNISCHEN DENKMALS
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DER ERBAUER: JOHANN JAKOB (HANS) ERLWEIN
Johann Jakob Erlwein (genannt Hans Erlwein) wurde am 13. Juni 1872 in Bayerisch Gmain bei Bad Reichenhall geboren, er selbst gab als Geburtsort Bad Reichenhall an. Am 9. Oktober 1914 starb er bei einem Verkehrsunfall in Amagne-Lucquy. Er war Mitglied der bekannten Dresdner Freimaurerloge "Zu den Drei Schwertern". Als Architekt entwickelte er ab 1899 Bauten in Bamberg und Erlangen. Zum Stadtbaurat in Dresden wurde er am 17. November 1904 gewählt, ab Februar 1905 war er für das Hochbauamt zuständig. In Dresden entstanden folgende Objekte:
Artesischer Brunnen am Albertplatz (1905-1906), Feuerwache Striesen (1906-1907), Städtischer Vieh- und Schlachthof zu Dresden (1906-1910), Gasbehälter III im Gaswerk Reick (1907-1909), Klärwerk Kaditz (1907-1910), Wohnbebauung Krenkel-Stiftung, Löbtau (1910-1911), Stadthaus, Johannstadt (1910-1914), Erlweinturm (1911-1912), "Italienisches Dörfchen" (1911-1913), Städtisches Obdachlosen-Asyl, Pieschen (1912), Erlweinspeicher (1913-1914), Feuerwache Neustadt (1913-1916)
Erlweins Gebäude erscheinen auch heute mächtig, trotzdem wurde dabei auf eine ausgewogene Proportion geachtet. Der Mensch, der Bürger der Stadt, sollte mit seinen Bedürfnissen berücksichtigt sein, die Bauten ein Spiegel einer zivilisatorischen Kraft. Einerseits soll die Funktion nicht versteckt, andererseits nicht abstoßend banal und kahl wirken. Während heutige Architekten oft eine beziehungslose Durchsetzung des eigenen Modells verfolgen, übernahm Erlwein die bauliche und landschaftliche Umgebung in sein Denken. Künstler wurden bei der Planung einbezogen. Gerade schlicht und klar wirkende Lösungen sind durch einen Prozeß einer tiefen Auseinandersetzung entstanden. Viel komplexes Denken steht dahinter.
DAS OBJEKT: GASBEHÄLTER IN DRESDEN-REICK
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Die beiden frühen Gasbehälter der Gasanstalt Dresden-Reick entstanden 1887 bis 1891 (Theodor Friedrich). 1909 wurde dann der große Erlweinsche Gasbehälter in Stahlbeton fertiggestellt. Der Körper mit einem Durchmesser von 65 Metern ist in sechs Geschosse mit Fenstern und Lisenen gegliedert und von fünf Treppentürmen eingefaßt. Den Abschluß bildete eine Flachkuppel mit einer von 32 Stahlträgern getragenen Lüftungslaterne. Der damals größte Speicher Europas erreichte eine Höhe von etwa 68 Metern und hatte ein Volumen von etwa 110 000 Kubikmetern. Um die unterschiedlichen Druckverhältnisse bei der Stadtgasversorgung auszugleichen, beinhalteten solche Gasometer heb- und absenkbare Glockenkonstruktionen.
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Da inzwischen die Umstellung auf Erdgas erfolgte, wurde am 2. Mai 1973 die klassische Stadtgasversorgung eingestellt. Damit konnte im Prinzip die weitere Existenz des an eine technisch vorgegebene Funktion gebundenen Baus in Frage gestellt werden. Allerdings wollte sich wohl niemand an diesem technischen Denkmal vergreifen und es wird noch heute eine sinnvolle Nutzung gesucht. Die Idee, ein Musical-Theater zu bauen, hatte wohl nicht genügend Unterstützer. Ein Parkhaus bringt eher in der Innenstadt einen Effekt, Wohnungen (Beispiel Wien) werden an dem Ort sicher nicht in ausreichendem Maß nachgefragt. Die Frage steht, ob die Gegend wirklich das Hauptziel für Touristen sein soll und kann oder ob dort nicht doch eher über eine Reaktivierung eines Industriebaus nachzudenken ist.
(Abb.: EINGANGSSITUATION -LINKS PANOMETER-)
DIE IDEE: SAISONALER GROSSWÄRMESPEICHER IM
EHEMALIGEN ERLWEINSCHEN GASBEHÄLTER REICK
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Hätte ich von selbst Gedanken wie die Speicherung der Sommerwärme für den Winter gehabt und ausgesprochen, ich hätte viel Spott geerntet. Das ist sicher auch jetzt nicht auszuschließen. Aber diese Form der Energiewahrung gibt es. Und was bei Eigenheimen und kleinen Siedlungen sinnvoll ist, kann auch im großen Maßstab einen Gewinn bringen. Angesichts der steigenden Energiekosten und dem Bestreben, die Umweltbelastungen zu reduzieren, steigen die Chancen für bisher vernachlässigte Technologien.
(Abb.: DAS LOGO ZEIGT DIE ERDNEIGUNG IM VERHÄLTNIS ZUR SONNE UND DAMIT DEN WECHSEL DER JAHRESZEITEN | SOMMER -SAMMELN- UND WINTER -VERBRAUCHEN-)
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DAS PRINZIP
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Sommers wie winters fällt Wärmeenergie an. Sie kann gerade in der Periode des Nichtheizens in den Speicher geleitet werden. Beispiel sind die Wärmespeicher. Bei hochstehender Sonne erhitzt, gut abgedichtet, geben sie diese Wärme im Winter wieder ab. Damit werden im Winter weniger fossile Rohstoffe verheizt, die Kosten fallen und schädliche Emissionen werden vermieden. Genau diese Technologie wird bereits mit positiven Effekten genutzt.
(Abb.: WORUM ES GEHT)
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FUNKTIONSGERECHTE WIEDERBELEBUNG EINES TECHNISCHEN DENKMALS
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In Dresden steht ein Bauwerk, errichtet um den Haushalten Energie bereitzustellen. Der große Gasbehälter ist als Energie-Industrie-Bau geplant worden. Diese Funktion ist wohl auch seine Bestimmung. Während in anderen Städten Umnutzungen gesucht und gefunden wurden, haben wir in Dresden die Möglichkeit, eine sinnvolle nahverwandte Neunutzung zu initiieren. Diese Nutzung ist der Saisonale Großwärmespeicher. Die im Sommer anfallende Wärme wird in der kalten Zeit wieder abgegeben. Man könnte ihn nun statt Gasometer auch Thermometer nennen, aber da denkt jeder schon an andere Anwendungen. ;-)
(Abb.: EINBLICK IN DEN HOHLRAUM)
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ENERGIE, KAPAZITÄT UND KOSTEN
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Natürlich steht die Frage der Kosten. Auf Dauer werden die Preise für fossile Rohstoffe eher steigen. Kohle, Erdöl, Erdgas fallen nicht vom Himmel. Auch die Erschließung der an der Erdoberfläche entweichenden Methanvorkommen wird nicht umsonst zu haben sein. Selbst die Speicherung einmal bereitgestellter Wärmeenergie kostet. Und sicher müssen Energiepreise erst eine Höhe erreichen, die eine allgemeine Nutzung der Wärmespeicherung rechtfertigen. Dieser Zustand wird in historisch kurzer Zeit Realität. Einerseits könnte man meinen, der Behälter ist zu groß und eher eine Aufgabe für Schiffsbauer. Prinzipiell kann natürlich ein Aufbau in Speicher-Modulen erfolgen. Es werden so viele Zellen eingebaut, wie gerade benötigt.
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Sollte dagegen das Volumen nicht für eine Versorgung über einen bestimmten Zeitraum oder eine größere Anzahl (von geschätzt deutlich über 2000) Haushalten ausreichen, ist auch das schon ein ausreichender Grund, den Bau zu realisieren und weitere Neubauten zu errichten. Schließlich sind solche Projekte in anderen deutschen Städten im Aufbau. Neben der Speicherung von Warmwasser ist prinzipiell der Einsatz eines Latentwärmespeichers denkbar. Dabei wird die Schmelzwärme beim Phasenübergang fest-flüssig bestimmter Salze oder Paraffine genutzt. Daneben ist das benötigte Volumen geringer sowie eine geringerere Abdichtung ausreichend. Im Speichergebäude sind sogar zwei Systeme einrichtbar.
Anzuraten ist aber eine Nutzung in einem kompakten Großbehälter, denn bei Beachtung des physikalischen Zusammenhangs von Volumen und Oberfläche ist das größere System energetisch klar im Vorteil. Die Größe spielt eine Rolle bei der Effizienz.
(Abb.: MESSUHR MIT FÜLLSTANDSANZEIGE)
RAUMSTRUKTUR
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Das am Rande der pulsierenden Kernstadt, außerhalb des historischen Hochkulturraums gelegene Gelände in Reick dient seit langem der Erzeugung, Verarbeitung und Verbreitung von kommunal genutzter Energie. Bereits vorhandene Energie-Trassen (Fernheizung, Gas) sind integrierbar. Über das Fernwärmenetz wird die Wärme von den Quellen (Kraft-Wärme-Kopplung, Wärmefangflächen) in den Speicher geleitet. Wärmefangflächen können (neben dem Dachbereich) auch dezentral aufgestellt werden. Zwar wird oft auf die Möglichkeiten des Energiesparens für die weniger umweltfreundlichen Einfamilienhäuser hingewiesen, aber die Mieter von Stadtwohnungen können kaum etwas aktiv tun.
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Wenn aber die Sommerwärme vom eigenen "Platten-"Dach über das Fernwärmenetz in einem Speicher zwischengelagert wird, dann tut der Mieter sogar in "seinem" Haus etwas für die Umweltschonung. Mit der Kraft-Wärme-Kopplung fällt auch außerhalb der Kälteperiode weiternutzbare Wärme an, die ebenfalls integrierbar ist.
Es handelt sich im dargestellten Netz also um Module zur Gewinnung, Speicherung und Verbrauch der Energieform. In vielen Städten fragt man sich, ob der benötigte Platz nahe dem Siedlungsbereich zur Verfügung steht oder sich eine große Distanz notwendig macht. Der große Behälter in Reick bietet in allen Fragen wahrhaftig optimale Bedingungen!
(Abb.: MODULARES FERNWÄRMENETZ -BEISPIEL: SPEICHER MIT SEPARATEN EINZELBEHÄLTERN-)
ENERGIEVERFÜGBARKEIT
Da die EU einen Teil der benötigten Energie aus politisch schwierigen Regionen der Welt bezieht, ist auf eine sichere Bereitstellung Wert zu legen. Auch in dieser Hinsicht besteht Handlungsbedarf. Zu bedenken ist die Regelmäßigkeit des Jahreszeitenwechsels, das wird uns Menschen häufig erst bewußt, wenn der Sommer zu warm und der Winter zu kalt empfunden wird.
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WÄRME - AUS DEN AUGEN AUS DEM SINN
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Der größte Energieverbrauchsposten in Haushalten ist die Heizung! Dagegen fällt der Beleuchtungsaufwand recht gering aus. Ich bin in der europäisch ausgerichteten politischen Vereinigung Europa-Demokratie-Esperanto aktiv und denke wie hier im Beitrag zu sehen umweltbewußt. Ob aber ein Verbot von Glühlampen die Intention der Umweltschonung wirklich unterstützt, bezweifle ich. Stattdessen sollten neue energiesparende Leuchtmittel-Technologien (z.B. auf Halbleiterbasis mit Multifrequenzfunktion) durch die EU gefördert werden. Die Vorteile dieser Leuchtmittel werden natürlich die Glühlampen zurückdrängen.
(Abb.: FRITZ LANGS METROPOLIS -1927- MONTAGESPIELEREI ST.EITNER- | ENERGIEVERBRAUCH IM HAUSHALT)
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DENKMALPFLEGERISCHE ASPEKTE
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Interessant ist das Thema nicht nur für Techniker, Umweltschützer und Stadtplaner, sondern auch für die Denkmalpflege. Die Frage des Erhaltes dieses Technischen Denkmals steht ohnehin. Eine funktionale, dem ursprünglichen Zweck verwandte Form ist einer Verlegenheitslösung vorzuziehen. Ziel ist die Einheit von Form und Funktion. Das ist sicher auch im Erlweinschen Sinn. Ein Gebäude wird zu einem bestimmten Zweck errichtet. Optimal zu halten ist das Denkmal der Technikgeschichte nur als Energiespeicher. Jede Auseinandersetzung um den Erhalt des Bauwerks wird ohnehin einen finanziellen Aufwand erfordern. Der ehemalige Gasbehälter soll als Großwärmespeicher wiederbelebt werden und saisonale Schwankungen mildern. Andere Städte werden uns folgen.
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Folgende Meldung zeigt, wie aktuell das hier behandelte Thema ist. "Sachsens Wissenschafts- und Kunstministerin Sabine von Schorlemer brachte ein Moratorium für Industriedenkmale ins Gespräch. Es soll verhindern, dass brachliegende Denkmale abgerissen werden und so unwiederbringlich verloren gehen. Laut Ministerium gibt es in Sachsen rund 20000 Industriedenkmale. Nach Ansicht von Experten ist der Freistaat nach dem Ruhrgebiet die wichtigste deutsche Region für Industriekultur." Meldung gekürzt (dpa/sn)
Nun steht noch die Frage, in welcher Gesellschaftsform dieses Projekt zu realisieren ist. Haben alle Fernwärmekunden eine Ersparnis oder organisieren sich Bürger, deren Verbrauch separat berechnet wird? Das hängt vom Interesse der Beteilten ab.
(Abb.: WENIG BEACHTETES WERKZEICHEN ERLWEINS AM GASBEHÄLTER)
BILDWECHSELPRÄSENTATION VERGRÖSSERT
ÖFFENTLICHKEITSPRÄSENTATIONEN
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(Abb.: 6. MARKT FÜR DRESDNER GESCHICHTE UND GESCHICHTEN 2010) |
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(Abb.: 7. MARKT FÜR DRESDNER GESCHICHTE UND GESCHICHTEN 2011) |
ZWISCHENAUSWERTUNG
Zu den Sehenswürdigkeiten von Dresden gehören nicht nur Zwinger und Semperoper. Im Südosten, etwas vom Zentrum entfernt findet man auf dem Stadtplan Dresden ein besonderes Objekt.
Mein Vorschlag zeigt auf, wie die Nutzung der Solarenergie (erneuerbare Energie) sich zu einem der wichtigen Bauprojekte in der Stadt Dresden entwickeln kann. Dieses Zukunftsprojekt führt Ökologie und Denkmalpflege zusammen, es reiht sich in die anstehenden Maßnahmen zum Klimaschutz ein. Die vielbeschworene Nachhaltigkeit ist umgesetzt.
Mit dem Projekt nahm ich an Veranstaltungen der DREWAG Stadtwerke (Energiestammtisch) teil. Resonanz fand es bei einzelnen Zuhörern. Ein Interesse ist durchaus vorhanden, auch bei Denkmalpflegern auf Landesebene, sowie bei in Frage kommenden Realisatoren, die sich bereits mit großen saisonalen Wärmespeichern beschäftigen.
Der 11.Agenda-21-Wettbewerb bot Gelegenheit, sich zu Beteiligen. Ärgerlich, daß eine inhaltliche Auseinandersetzung nicht möglich ist, zumal nur die vorher ausgewählten Projekte in die Bewertung kommen und somit veröffentlicht werden. Für die restlichen Teilnehmer besteht keine Chance einer Benennung. Damit gibt es auch keine Öffentlichkeit, keine Diskussionsmöglichkeit, keine Auseinandersetzung.
Zur Festveranstaltung (Preisverleihung im Plenarsaal des Rathauses) konnten sich nur die Nominierten zeigen. Als Unbenannter blieb mir dann nur die selbstentschiedene direkte Präsenz als Teilnehmer und Bürger(!) am Abend der Preisverleihung. Thematisch passte das nachhaltige Projekt sicher zur Veranstaltung.
Auch im Jahr 2011 wurde die neuerliche Projektteilnahme nirgendwo benannt. In Reden betonte man die Effizienz von Projekten. Doch es hängt letztlich alles von Verfügbarkeit und Preis der Recourcen ab. An diesem Abend feierte das ausgesprochene Wort -Nachhaltigkeit- einen neuen Rekord. Der Saisonale Großwärmespeicher Reick sollte doch eigentlich als ein Symbol für diese Entwicklung stehen.
WEITERFÜHRENDE LINKS
Projekt Saisonaler Wärmespeicher Reick bei dresden.stadtwiki.de
Hans Erwein (Stadtbaurat in Dresden)
Gaswerk Reick (dresdner-stadtteile.de)
Gaswerk Reick (dresden-guidebook.com)
Prinzip eines Glockengasbehälters
Glockengasbehälter Darstellung Funktion
Saisonale Wärmespeicherung im Haus
Wärmespeicherung im Wohngebiet
Prinzip Latentwärmespeicherung
Sorptionsspeicher (verlustfreie Langzeitspeicher) bei www.sorptionsspeicher.de
Sorptionsspeicher (verlustfreie Langzeitspeicher) bei www.solarserver.de
IDEE EINES SAISONALEN GROSSWÄRMESPEICHERS IM EHEMALIGEN ERLWEINSCHEN GASBEHÄLTER REICK
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18.12.2008 | 13.01. | 09.11.2009 | 15.02. | 19.03. | 21.03. | 24.03. | 26.-29.03. | 18.06. | 02.09. | 16.09. | 27.09. | 22.10. | 24.10. | 18.11.2010 | 26.03. | 11.04. | 15.06. | 20.07. | 22.11.2011 | 28.03. | 16.06. | 22.06.2012 | 17.09.2014
Steffen Eitner ---- steffen.eitner@kafejo.de
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